Amphibion – Neuer Lebensraum für seltene Arten
Mit großer Wahrscheinlichkeit verfügte die Landschaft in und um das jetzige Leverkusener Stadtgebiet früher über einen hohen Amphibienstand. Der Mensch hat deren Lebensraum, Feuchtgebiete entlang von Flüssen, Bächen und Seen im Laufe der Jahrzehnte stark verkleinert. Erst in den Siebziger Jahren entstanden erste Bemühungen, diesem Trend entgegenzuwirken. Teilweise Erfolge sind mittlerweile vielerorts zu beobachten. Es bleiben jedoch viele Missstände zu beheben. Im Gegensatz zu anderen Amphibienarten, deren Bestände sich erholt haben, gibt es etwa für den Springfrosch nur von einem Biotop zu berichten und der Kammmolch ist in Leverkusen überhaupt nicht aufzufinden.
Das Amphibion hat das Ziel, für diese und andere Arten einen neuen Lebensraum zu schaffen. Dieser soll den ursprünglichen und natürlichen Lebensräumen gleichen, damit sie sich im Stadtgebiet wieder ansiedeln. Dies schließt jahreszeitlich bedingte Veränderungen sowie eine große Varietät an Kleinbiotopen mit ein. Die erneute Ansiedlung vieler hier heimischer Amphibienarten (und Vögeln, Reptilien und Insekten) ist für den Menschen auch von großer Bedeutung. Vielen ist nicht bewusst, dass eine der Grundvoraussetzungen für unser Leben, die Vielfalt der Natur ist.
In dieser Hinsicht erfüllt das Amphibion zwei Ziele. Es gibt seltenen Arten einen neuen Lebensraum und trägt zur biologischen Vielfalt bei. Dazu wird die Relevanz der Artenvielfalt den Besuchenden, besonders Kindern, durch pädagogische Aktivitäten vermittelt und lädt sie dazu ein, sich für deren Schutz und Erhalt zu engagieren.
Biotopvielfalt im Amphibion
Die beiden Amphibienarten, um deren Ansiedlung im Amphibion es in erster Linie geht, sind der Kammmolch und der Springfrosch. Sie haben besondere Ansprüche an ihren Lebensraum: Je nach Jahres- und Tageszeit benötigen sie unterschiedlich gestaltete Flächen. Das Gleiche gilt für andere Arten, wie die Zauneidechse oder den Eisvogel, für die das Amphibion ebenfalls ein neuer Lebensraum werden kann.
Letzterer lebt gerne zurückgezogen in länglichen Höhlen in Steiluferwänden, nahe Gewässern, die ihn mit Fisch versorgen. Die Zauneidechse wiederum findet man häufig in der Sonne. Warme und trockene Standorte wie Holz- oder Steinhaufen sind für sie von Bedeutung sowie naturnahe Wiesen. In denen kann sie auf die Jagd nach Insekten und Gliederfüßlern gehen.
Totholz und Steine zählen neben Laubhaufen zu den bevorzugten Landlebensräumen der Kammmolche. Die meiste Zeit halten sie sich im Wasser auf, in stehenden, pflanzenreichen und nicht zu flachen Gewässern. Dort leistet ihm der Springfrosch ab und zu Gesellschaft. Lichte, gewässerreiche Laubmischwälder mit feuchten Wiesen und Pfützen sind sein idealer Lebensraum. In kleinen Weihern oder Teichen legt er seinen Laich ab.
Alle diese Vorlieben haben wir bei der Planung des Amphibions beachtet. Zentrales Element sind die vier Teiche, um die herum sich mehrere Stein- und Totholzhaufen, lockere und dichte Hecken, eine Eisvogelwand, vermoderte Komposthaufen sowie Sand- und Kiesschichten anordnen. Die Teiche selber weisen unterschiedliche Bereiche auf: flache Ufer- und Randzonen gehen in tiefere Bereiche über. Die Vegetation ändert sich je nach Höhe des Wasserspiegels.
Entwicklung der biologischen Vielfalt nach zwei Jahren
Um den optimalen Lebensraum für Amphibien aufrecht zu erhalten, bedarf es vieler Pflegemaßnahmen. Diese wurden umfangreich durchgeführt, wie die Mahd der Flächen, das Zurückschneiden von Büschen und Bäumen und es wurden weitere Schotterflächen angelegt. Der Erfolg stellte sich im darauffolgenden Jahr ein, es konnten mehrere Zauneidechsen beobachtet werden. Diese lebten bisher nicht in der Nähe. Mit diesem Projekt konnte ein neuer stabiler, geschützter Lebensraum geschaffen werden.
Auf dem vielgestalteten Gelände des Amphibions wurden 2014 mehrere Libellenarten wie Große Pechlibelle, Gebänderte Prachtlibelle und das kleine Granatauge (einer von zwei Standorten in Leverkusen) sowie Laubheuschrecken gesichtet. 2015 war der Eisvogel regelmäßiger Gast an den Gewässern – für Leverkusen ein sehr großer Erfolg.
Um die Möglichkeiten der pädagogischen Nutzung zu erweitern, wurde in einem der Teiche im Randbereich ein Weg aus großen Steinblöcken angelegt. Hierdurch bekommen die Kursteilnehmenden neben den Uferzonen einen Einblick in tiefere Gewässerbereiche. Die hohe Artenvielfalt in diesem Teich macht ihn sehr gut nutzbar für Tümpelkurse. Im Gelände finden unsere pädagogischen Amphibien-Programme statt. Naturtafeln an den Wegen außerhalb des Geländes weisen die Besuchenden auf die Biotope und die biologische Vielfalt hin.
Pädagogische Aktivitäten im Amphibion
Der Schutz und Erhalt der Artenvielfalt ist nur zu erreichen, wenn sich viele Menschen dafür einsetzen. Mit Hilfe des Amphibions wollen wir die Besucher des NaturGuts informieren und motivieren, sich für die biologische Vielfalt einzusetzen. Besonders Kinder wollen wir für die Bedürfnisse unserer Umwelt sensibilisieren.
Im Rahmen des Amphibion-Projektes wurden deshalb fünf pädagogische Programme für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt. Sie richten sich an Kindergartenkinder, Grundschüler, Schüler der Sekundarstufe 1, der Sekundarstufe 2 und an Eltern mit ihren Kindern im Alter von 6-10 Jahren. Die Kurse zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass sie Kinder und Jugendliche mit verschiedenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten mit einbeziehen, dass die Schüler eigenverantwortlich arbeiten und dass es zum Einsatz neuer Technologien wie GPS-Geräten und Digitalkameras oder der Nutzung digitaler Medien kommt. Diese neuen Technologien sind für viele Kinder fester Bestandteil ihres Alltags und bei ihnen sehr beliebt. Durch die Einbringung derselben in die Kurse wird digitale Unterhaltung mit Naturerleben und Umweltschutz kombiniert.
In allen Angeboten ist der Besuch eines Krötenzaunes vorgesehen, da den Teilnehmern auf diese Weise die Arbeit der Naturschützer am besten deutlich gemacht werden kann und sie in sehr nahen Kontakt zu den Tieren kommen. Die Dauer der Kurse sowie die genauen Inhalte, umgesetzt durch verschiedene Aufgaben, Plan- und Rollenspiele, variieren je nach Alter der Teilnehmer. Alle verdeutlichen sie die Vielfalt der zu beobachtenden Biotope und der in ihnen lebenden Tiere und regen zu nachhaltigem Handeln an.